LESUNGEN:

LICHT UND SCHWERE
Komposition: Sidney Corbett, Regie: Frank Albrecht
Licht und Schwere -
Musiktheater nach Simone Weil. Uraufführung in St.Gertrud, Köln

..."Wer war Simone Weil?    Sie wurde 1909 in eine großbürgerliche jüdische Familie geboren, die Erziehung war überaus liebevoll, aber nicht religiös. Simone Weil war während ihrer Studienjahre Agnostikerin. Schon früh zeigte sich bei ihr - neben beträchtlichem Eigensinn - eine hohe Empfindlichkeit für das Leiden ihrer Mitgeschöpfe. In diesem Sinne wurde Simone Weil dann auch tätig: Als Gewerkschafterin, als Philosophielehrerin im staatlichen Schuldienst. Ihre - wie sie schrieb - "wirklichen Berührungen" mit Gott. Mit einer davon beginnt der außergewöhnliche Musiktheaterabend in Köln: Simone Weil schildert, wie sie im Jahre 1938 die Karwoche in der Benediktinerabtei Solesmes verlebt, und sich zwingt - trotz unerträglicher Kopfschmerzen, unter denen sie seit frühester Kindheit periodisch leidet - an allen Gottesdiensten teilzunehmen. "Und da", so schreibt sie, "erlaubte mir eine äußerste Anstrengung der Aufmerksamkeit, aus diesem elenden Fleisch herauszutreten, es in seinen Winkel hingekauert allein leiden zu lassen und in der unerhörten Schönheit der Gesänge und Worte eine reine und vollkommene Freude zu finden.“ Das sind tatsächlich Topoi mystischer Erfahrung. 
Die Textauswahl verfällt nicht dem Ehrgeiz, einen repräsentativen Querschnitt ihres Denkens und Schreibens geben zu wollen: Die gewählten Ausschnitte - in ihrer Vereinzelung mitunter rätselhaft anmutende Fragmente - sind aber allemal exemplarisch.
Ursula Albrecht, Kennerin des Werks von Simone Weil, hat bei der Auswahl entscheidend mitgewirkt, sie hat auch die längeren Texte aufgenommen, und diese Aufnahmen bilden sozusagen das Rückgrat der gesamten Aufführung. Die sanfte Unerbittlichkeit ihrer Stimme klingt lange nach.
Ansonsten passiert nicht viel - die ganze Aufführung ist ein Akt der Demut, doch eben darum von großer Intensität…."
Ingo Dorfmüller, Deutschlandfunk, Montag, 18.2.2012


ÜBER ALLES HINAUS
Langsam senkt sich die Dunkelheit über den Frauenberg und das Innere der Frauenbergkapelle wird nur spärlich erhellt. In dieser Übergangsstimmung präsentierte am späten Sonntagnachmittag Ursula Albrecht aus Freiburg eindrucksvolle Texte der französischen Philosophin und Mystikerin Simone Weil – Texte, die in der Tat über die materielle Welt und all ihre Begrenztheit, über Marter, Qual, Krankheit und Tod hinausweisen.
Die karg beleuchtete Frauenbergkapelle war Ort der Mystik-Lesung mit Ursula Albrecht (Texte) und gregorianischen Solo-Gesängen von Dominik Müller - Fotos: ddk
Denn eben diese Erfahrungen machte die 1909 in Paris geborene Jüdin Weil, die seit ihrem 20. Lebensjahr immer wieder von unerträglichen Kopfschmerzen heimgesucht wurde, wie Constantin Pelka aus München in seinem einführenden Vortrag erläuterte. Eine Italienreise und ein mystisches Erweckungserlebnis in der Benediktinerabtei Saint-Pierre de Solemnes näherten sie schließlich dem Katholizismus an, dessen Riten sie begeistert aufnahm, in ihnen jedoch zu wenige Möglichkeiten einer wahren Begegnung mit Gott sah. Ein für ihr philosophisches Denken konsequenter und freiwilliger Hungertod beendet ihr kurzes Leben bereits 1943 und gehört zu den Rätseln um Simone Weil, deren Schriften gerade erst vollständig erschlossen und übersetzt werden. Die sieben ausgewählten Texte Weils wurden durch die intensiv-virtuose Melodik von insgesamt acht gregorianischen Liedern umrahmt und gespiegelt, ergänzt und vertieft, welche Dominik Müller im Sologesang in lateinischer Sprache meisterhaft intonierte. Dabei hatte Müller bewusst Gesänge aus dem Advents- und Weihnachtszyklus gewählt, wie etwa „Gaudete in Domino semper“ oder „Rorate, caeli, iustum“ („Tauet, Himmel, den Gerechten“). Das Schlusslied schuf durch seinen Inhalt („In deine Hände, Herr, befehle ich meinen Geist“) eine ganz besondere Beziehung zu Weils Texten, die von Ursula Albrecht unaufdringlich, aber klar phrasiert und Sinn tragend dargeboten wurden. In diesen Texten geht es immer wieder um die bewusst geschaffene innere Leere im Menschen, die dazu nötig ist, Gott in sich aufzunehmen. Erst wenn der Mensch Leid ohne jeden Trost erfährt, erst wenn sich Gott und die tröstende Kraft des Glaubens radikal zurückgezogen haben, ist göttliche Zuwendung möglich.
Diese Erkenntnis führt in Weils Schriften immer wieder zu paradoxen Aussagen wie: Die Verlassenheit Jesu im Moment der Kreuzigung war zugleich der Moment der größten Liebe Gottes. Eine vollkommene Aufgabe der menschlichen Existenz, seine auch naturwissenschaftlich beglaubigte Erkenntnis, dass er im Universum eigentlich nichts ist, ermöglicht erst die wahre Begegnung mit Gott, dem Nichtkreatürlichen und Universalen.
Gerade in unserer modernen Welt der Maßlosigkeit sei dies vielleicht ein gangbarer Weg für manchen von uns – wenn auch nicht bis zum Letzten, der Aufgabe des eigenen Lebens.
von Dagmar Kusche Eichstätt am 9.12.2014  (Ausschnitt)


DAS EROTISCHE HOHELIED SALOMOS
IN DER KAPUZINERKIRCHE
...zwei geistliche Sprecher, die Freiburger Karmeliten-Tertiarin Ursula Albrecht und der Dominikaner Thomas Gabriel Brogl aus Wien, boten daraus eine szenische Lesung mit einer kompetenten Einführung durch den Eichstätter Theologieprofessor Erich Naab. Der Text glänzt mit expressiver Metaphorik " stark wie der Tod ist die Liebe, die Leidenschaft ist hart wie die Unterwelt. Ihre Gluten sind Feuergluten, gewaltige Flammen, mächtige Wasser können die Liebe nicht löschen, auch Ströme schwemmen sie nicht weg." Obgleich die zweieinhalb Jahrtausende alte Bildlichkeit der Metaphern und Vergleiche heutigen Hörern eher fern liegt, rührt sie an, erst recht, wenn sie so intoniert, so vorgetragen wird wie bei dieser Lesung im Dämmerlicht vor dem Heiligen Grab. Ursula Albrecht und Pater Thomas Gabriel Brogl gestalten die Lesung szenisch, wenden sich einander zu und voneinander ab, verschwinden hinter dem und im Heiligen Grab und kehren zum Altar zurück und wenn sich Ursula Albrecht explizit an die " Töchter Jerusalems" wendet und diese beschwört, den Geliebten zu suchen, dann spricht sie die Zuhörer an und beugt sich zu ihnen. Am Schluss wagt niemand zu klatschen - die dröhnende Stille der am Platz verweilenden zeugt von dem Eindruck, den diese Lesung auf sie gemacht hat.
von Dr. Walter Buckl, Eichstätt im Dezember 2012  ( Ausschnitt)


TAULERS STILLE MYSTIK 
.... Der erste Taulerabend bot den gebannt lauschenden Zuhörern in der überfüllten Borgiaskapelle einen ästhetisch ansprechenden Kontrast zwischen dem Vortrag des Theologen (Prof. Erich Naab), und der Interpretation durch die Lesung. Albrecht interpretiert Taulers Texte durch eindringliche Betonung der in Deutsch übersetzten Predigt, sie gestikuliert ruhig, ohne zu übertreiben. Der fast charismatische Predigtvortrag wird zum Erlebnis, das heute noch ahnen lässt, wie intensiv er einst auf die weiblichen Religiosen des Spätmittelalters gewirkt haben mag. Zuletzt wagt sich keine Hand zu Applaus....
von Dr. Walter Buckl, Eichstätt im März 2011 (Ausschnitt)


MEISTER ECKHARTS ZAUBER
 

 .... Albrecht trägt die Texte klar und deutlich artikuliert vor. Unterstrichen wird die darin evozierte Stimmung von dem glücklich gewählten exclusiven Ort der Lesungen in der sehr versteckt liegenden Borgiaskapelle .... Seine beeindruckende Wirkung zeigte sich auch darin, dass am Ende niemand zu applaudieren wagte....
von Dr. Walter Buckl, Eichstätt im Dezember 2010


SZENISCHE ARBEITEN:

"DIE DUNKLE STILLE" ...das THEATER DER STILLE leistet Pionierarbeit bei der theatralen Erforschung großer mystischer Texte. Die Aufführung mit einem Tonband, einer Frau am Tonband, zwei Sängern und einer Instrumentalistin besticht durch Dramatik und Transparenz. Momente des konzentrierten Lauschens wechseln bruchlos ab mit gestischen, stimmlichen und musikalischen Improvisationen, Überlagerungen stellen sich ein von Szene, Tonband und Musik: der gehörte Text wandert durch Körper und Stimmen – und setzt sich fort über Gletscherspalten des Schweigens. Erst nach geraumer Zeit begreift der Zuschauer, dass die Choreographie der Aufführung nicht abgesprochen ist. Jede sprachliche und musikalische Reaktion, jeder Ausdruck, jede Geste besitzt leidenschaftliche Päsenz, manchmal schmerzlich, oft auch vergnügt, skurril. Improvisationstheater auf höchstem Niveau.
Dr. Kurt Kreiler, Köln Juli 2009



"DIE KAMMER DER ANDACHT" 
Vom Mut, nach Gott zu suchen...Wenig scheint uns heute ferner als jene Gedankenwelt der Mystiker aus der Mitte des 16. Jahrhunderts. Die Verzückungen der Teresa von Avila wirken auf uns ebenso befremdlich wie der tiefgründige Liebesgesang des Johannes vom Kreuz, der das Bild der Seele als Braut Gottes wie Amelry verwandte. Lässt man sich aber, geleitet von der konzentrierten Inszenierung auf die „Geschichte“ ein, verblüfft sie durch ihre Zeitlosigkeit: Schließlich sucht hier ein Mensch mit allem, was dazu gehört, nach Gott – und er findet ihn. 
Ein schmerzhafter Prozess zuweilen, aufregend und beglückend für den Suchenden, der oft zu wenig Geduld und zu viele Zweifel hat. Fast erfordert es mehr Mut, zu glauben als es bleiben zu lassen – dies alles geht heutigen Gottsuchern nicht anders. Sieben Tage bleibt die „Seele“ ( Lorenz Heimbrecht, Bariton) in "DIE KAMMER DER ANDACHT" im Dialog mit ihrer „Amme“ (Joerg Braeuker, Bass), bei ihrer geistlichen Begleiterin, dort kommt die Seele jeden Tag einen Erkenntnisschritt näher zu Gott. Das Auf und Ab ihrer Gefühlslage kommentiert ein Mystagoge, Lehrer der Mystik (Frank Albrecht, Sprecher) für die Zuschauer. 
Mit wohldosierten Mitteln übersetzt das Ensemble, das sich seit vielen Jahren mit den mystischen Schriften des Christentums und Improvisation befasst, unter der Regie von Ursula Albrecht den spätmittelalterlichen Text in heutige Bilder und Klänge. Die weiß gekleidete Seele und ihre dunklen Gefährten bewegen sich ausschließlich auf einem großen auf dem Boden liegenden Holzkreuz ( Bühne: Manfred Schneider) Kongenial wechselt Ursula Albrecht, die an der Hochschule für Musik in Köln lehrt, je nach Lage der Seele, zwischen gesprochenem und Gesang, zwischen Wort und Geige, Waldhorn und Klarinette. Ebenso sparsam wie effektvoll auch jederzeit die Gesten. Ein verblüffendes, geglücktes Experiment.  
Brigitte Schmitz-Kunkel KÖLNER RUNDSCHAU, 23. August 2004


"ALBERTS GARTEN"
Pointiertes Gedankenspiel in
"ALBERTS GARTEN"  Der moderne Mensch hat sich angewöhnt, die Dinge des Lebens oftmals vom grünen Tisch aus zu messen, zu beurteilen und zu entscheiden. Eine komplexe Lebenswelt zwingt immer öfter dazu, sich an Wissen aus zweiter Hand zu orientieren, sich vorgegebener Systematiken und Muster zu bedienen, damit man mit der Beschleunigung der Zeit Schritt halten kann. Die Erfolge solcher Zwänge sind dann oft Kurzatmigkeit bei der Entscheidungsfindung und Kurzlebigkeit oder gar nur minimale Tragfähigkeit der geschaffenen Tatsachen. Zeit, Entwicklung, Prozesshaftigkeit des Lebens erfahren, man ist versucht zu behaupten, das konnten die Menschen des 13. Jahrhunderts vielleicht tatsächlich noch etwas selbstverständlicher. (...) Mit "Alberts Garten", einem eindrucksvoll dichten Kammerspiel für zwei Sprecher, eine Nachtigall und ein großes Rasenstück machte das MusikTheaterKöln nun am vergangenen Samstagabend in Eichstätt Station. (..) Viel Publikum war gekommen, intensiv war der Gedankenaustausch zwischen dem Dominikaner DR. Willehad Paul Eckert, der Albertus-Magnus-Experte sprach den Part des Heiligen Albertus Magnus, und dem Schauspieler Frank Albrecht, er gab einen Menschen unserer Tage, der sich wissend und neugierig offen dem Menschen und Wissenschaftler, dem Theologen und Philosophen und eben auch dem Universitätsprofessor, Ordensmann und Bischof Albertus Magnus und seinen Schriften annäherte. Über dem Rasenstück, das, wie Eckert nebenbei erläuterte, Pars pro Toto auch für den gut dreihundert Jahre nach dem Wirken von Albertus Magnus entstandenen Hortus Eystettensis stehen mochte, und das natürlich an Albrecht Dürers als Kosmosabbilder zu verstehende Rasenstücke erinnern durfte, entspann sich ein tiefgründiges, geistreich pointiertes und oft witzig amüsantes Wort-, Satz- und Gedankenspiel, das dem Publikum Augen, Ohren, Herz und Verstand aufgehen ließ. Über allem schwebte die Stimme der Nachtigall und die Erkenntnis, dass der Mensch wie der Fisch möglicherweise mit dem Bauch, mit dem Körper, sogar besser hören kann als mit den Ohren. Auch das hat Albertus Magnus schon vor gut 750 Jahren experimentell naturwissenschaftlich herausgefunden. Das ethische, soziale und philosophische Weltbild des Albert Magnus, so konnte man bei jedem von Eckert und Albrecht vorgetragenen Gedankengang des Universalgelehrten durch und durch bei sich spüren, ist über die Jahrhunderte hin nicht verstaubt. In vieler Hinsicht ist es aktueller denn je. Alleine, man muss bereit sein, die Schwingungen, die vom Denken des Albertus Magnus ausgehen, wahrnehmen zu wollen - mit offenen Augen und Ohren oder besser noch mit dem ganzen Körper.
klf, EICHSTÄTTER KURIER vom 18. Nov. 2003


"LAS CANCIONES - DER GEISTLICHE GESANG"
Brautgesang in der Enge eines transparenten Zeltes   Nichts ließ während der hiesigen Erstaufführung die Ausstrahlungskraft der von Andreas Daams geschriebene Kammeroper "LAS CANCIONES - DER GEISTLICHE GESANG" in der Stadthalle wohl sinnfälliger spüren als die angespannte Stille im Saal. Zu sehr berührte bei aller zunächst vordergründigen Ferne von Thema, Musik und Darstellung durch das MUSIKTHEATERKÖLN der hier künstlerisch mehrschichtig verdichtete und ineinandergreifende Kern dieses einstündigen Einakters.
(....) Es war eine glückliche Fügung, dass der 28-jährige Komponist und die Theater- Intendantin Ursula Albrecht ihre verwandten Interessen in dieses gemeinsame Projekt "Las Canciones" investieren konnten. Die exklusive sparsame Wahl der musikalischen und szenischen Mittel (Dramaturgie: Moritz von Rappard) konzentrierte die Aussage des geistlichen Gesangs auf das Wesentliche. (....) Dabei blieb es weitaus wichtiger, dem Hörer die Atmosphäre als jedes Wort zu vermitteln. Unter dem Dirigat von Jörg Ritter steigerten die klaren und ausdrucksmächtigen Stimmen von Eun-Young Lee, Elena Fink, Mariann Amdisen und Gabriele Natrop-Kepser ihre Melodielinien einfühlsam vom Solo bis zum subtilen, energiegeladenen Ensemblechor, dessen lupenreiner Klang vor allem im ungewohnten Diskantbereich imponierte. (......)
Daams traf durch seine Tonsprache zwischen fast statisch anmutenden Klangschichten neben einer Art Minimalmusik mit halbtonartig kreisenden Bewegungen bis zu lebendigeren größeren Formen den Geist damaliger Mystik wie heutiges Daseinsgefühl, ohne hier stehen zu bleiben. Dem Anliegen dienten Marpa Schneiders Bühnenbild und Kostüme für die Sopranistinnen. Deren kleiner Aktionsraum im transparenten Zelt war quasi ein Symbol für die Enge und Einsamkeit, die kaum einem Menschen fremd sind.Immer wieder wurden Komponist, Künstler und Verantwortliche ins Rampenlicht geholt und von den rund zweihundert Besuchern mit immensem Applaus überschüttet.
Rühl  RHEINISCHE POST, 15.09. 1999


"DER OPFERSTOCK"
Tiefrotes Herz am Boden kündet von Sehnsucht  Genauso schwer verständlich wie die erwählte Vorlage – die „Opferstock-Predigt“ des Mystikers Meister Eckhart, mutet zunächst die Inszenierung "DER OPFERSTOCK" Ursula Albrechts an. Armselige und kuriose Gestalten schaffen Konstellationen im Raum, treiben zwischen Inbrunst, Lasterhaftigkeit, Furcht und Einfalt umher und nehmen wörtlich, was trotz extremer Textwiedergabe nur als Abstraktion begreiflich ist. Stark gelingt die Einbindung der Kreaturen in das äußerst reduzierte Bühnenbild von Manfred Schneider, da die Kargheit des Raumes trefflich als Projektionsfläche der in existentielle Verwirrungen gestoßenen Menschenkinder funktioniert. Christioph Maria Wagners Musik ist im besten Sinn Theatermusik: Sie stachelt kräftig an, betäubt durch bizzare rhythmische Intensität und fesselt mit collageartigen Passagen, die die mannigfaltigen Lautäußerungen der Vokalisten verstärken und verfremden. Der Mensch in seiner nackten Existenz und Sinnsuche zwischen Ideologie, Erlösung, Wahnsinn und Erleuchtung hin und her geworfen.
Egbert Hiller KÖLNER STADT-ANZEIGER, 26. August 1997



"SCALA NOSTRA - DIE HIMMELSLEITER"
Auf der Himmelsleiter   Drei merkwürdige Gestalten, eine Frau und zwei Männer, Stege, die die Welt bedeuten, aber keinen Ausweg gewähren, und in zentraler Position ein zartes Bäumchen, Symbol von Leben und Hoffnung. Die Rede ist von "SCALA NOSTRA - DIE HIMMELSLEITER", einer „musiktheatralischen Befragung“ des MusikTheaterKöln, Regie Ursula Albrecht. Für diese Uraufführung in der Orangerie im Volksgarten wurden Äußerungen Kölner Kirchenbesucher zum Thema Himmelsleiter in kurioser Textmontage den geistlichen Geboten, den 30 Stufen der Leiter des Paradieses, des Mönchs Johannes Klimakus (6. Jhdt.) gegenübergestellt. Ergebnis: eine Stunde Bühnenhochspannung bei fast asketischem Konzept (Musik Andreas Daams, Bühne/Kostüme Marpa Schneider). Die Sopranistin  Eun-Young Lee als Phantasiewesen zwischen Kokotte und Barbie. Bassist Jörg Bräuker als dämonische Gestalt. Schauspieler Frank Albrecht als Wanderer. Sie schufen mit großer Präsenz, aberwitziger Aktion und glänzendem A-capella-Gesang dichte Szenen zwischen allegorischer Überhöhung und herzerfrischender Komik.
Egbert Hiller KÖLNER STADT-ANZEIGER, 10. September 1998


Jakobs Traum in der Johanniskirche  Vier lange Bretter in Quadratform übereinandergelegt,(Bühne: Manfred Schneider) waren für einen Darsteller und zwei Sänger der Bewegungsraum in einem musiktheatralen Stück von starker, suggestiver Kraft. Sprache, Musik und Gestik, waren eine mitreißende Gesamtschau. Rhythmische Elemente gaben Grundstruktur, litaneiartige Ostinati die Psychodramatische Eindringlichkeit. "SCALA NOSTRA – DIE HIMMELSLEITER".  Ein Wanderer ( Frank Albrecht), ist auf dem Weg zur ewigen Glückseligkeit, eine Frau ( Eun-Young Lee, Koloratursopran) und ein Mann (Joerg Braeuker, Bass), geben mit Interviews, Trümmern aus einem theologischen Werk, Kommentare und kritische Anweisung dazu. Eine glänzende Idee. Der Traum Jakobs aus dem Alten Testament aktualisiert. Und eine noch bessere Realisation, weil mit einem Minimum an Aufwand ein Maximum an Wirkung erzielt wurde. Das Publikum war gefordert. Die Qualität hatte ihren angemessenen Preis.
Peter Schroeder SAARBRÜCKER ZEITUNG, 20. Juni 2000